Forum von Kerstin Sramana Müller
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Klosprüche

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Beitrag  Sramana Mo Aug 19, 2013 11:43 am




Toiletten-Prosa

Heute ist das Sprechen über den Stuhlgang, zumindest in westlichen Kulturen, längst kein absolutes Tabu mehr. Die Toilette ist sogar der Ort einer besonderen Kunstform, die es in sich hat.

Wer das liest, ist doof! - Selber doof! Subtiles Gedankengut findet der Kunstfreund auf Toiletten selten. Doch dass die eigenwilligen Klosettschmierereien viel über das menschliche Kommunikationsbedürfnis aussagen, weiß die Wissenschaft seit langem. Schon zu Beginn des Zwanzigsten Jahrhunderts untersuchten Anthropologen Toilettensprüche. Heute verdanken wir dem Wiener Graffiti-Experten Norbert Siegl manchen Einblick in die Finessen der Toilettenkommunikation.

Frauen zurückhaltender
Die eifrigsten Kritzler, hat Siegl herausgefunden, sind Männer. Ihr bevorzugtes Metier ist die Politik: gut 56 Prozent ihrer - meist hoch aggressiven - Ausführungen dienen der Darlegung politischer Standpunkte. Frauen sind da zurückhaltender: nur knapp acht Prozent der untersuchten Schmierereien beziehen sich auf staatstragende Zusammenhänge.

Orgasmus und Co.
Dafür tauschen sich Frauen auf dem stillen Örtchen bevorzugt über Sexuelles aus: ganze dreißig Prozent ihres Klosettgekritzels drehen sich um Orgasmus und Co. Während Männern der Sextalk auf der Toilette im Sinne Freuds zur Abfuhr von Triebenergie dienen könnte, nutzen Frauen die Toilettenwand vorwiegend, um Informationen auszutauschen: lange Sätze und exakte Beschreibungen dominieren. Nicht selten findet sich die Bitte um Antwort oder um die Meinung Anderer.

Freundliche Kommunikation
Auch in der Hauptdomäne weiblichen Schriftguts am Örtchen - den Frauenanliegen - wird in persönlichem Ton kommuniziert und meist freundlich aufeinander eingegangen: ob es sich nun um Empfängnisverhütung oder Beziehungskrisen handelt, in den sich entspinnenden Dia- und Polylogen wird meist konstruktiv nach Lösungen gesucht. Männer hingegen thematisieren persönliche Probleme kaum - noch seltener wird darauf verständnisvoll reagiert.

Sensible Gattung
Als oppositionelles Medium begreift Siegl Toilettengraffiti, eingesetzt würden sie von Personengruppen, die die öffentliche Diskussion weitgehend ausschlösse. Bis zu zehn Jahre brauche eine weiße Klowand, so der Psychologe, damit sich forschungsrelevante Kommunikationsketten auf ihr entwickelten: ein guter Grund, diese sensible Graffiti-Gattung zu schützen.

Kathleen Niebl (12.04.2006)

Quelle=> http://www.lexi-tv.de/themen/brauchtum/toiletten/toiletten_prosa
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